Gianluca de' Medici

Einstiegspost

Endlich ließ das unangenehme Gefühl, das den Appariervorgang stets begleitete, von Gianluca ab. Doch trotz jenem unbehaglichen Gefühl war für ihn Apparieren die einzige Reisemöglichkeit, die für ihn in Frage kam – sie war nun einmal zeitsparend und im Vergleich zu anderen Fortbewegungsmittel und -methoden noch die angenehmste.

Während sich der Italiener ein paar tiefere Atemzüge gönnte, sah er sich um. Sein Blick glitt über enge, in Schatten versunkenen Gässchen, zu denen wohl selbst zur Mittagszeit kein Sonnenlicht vordrang, da sich die mehrstöckigen Häuser zu beiden Seiten so stark über den Pflasterboden beugten, dass, wenn man seinen Kopf gen Himmel reckte, kaum einen Streifen davon erblickte. Außerdem entdeckte er einige Trödelladen, kleine, bunte Cafés und ein eher gemütliches Treiben einer überschaubaren Menge von Menschen auf den Straßen. Alles war, wie man es ihm beschrieben hatte. Man. Es war der Zaubereiminister höchstpersönlich gewesen.
Gianluca verzog unwillkürlich das Gesicht. Denn das hier war leider kein gemütlicher Trödelausflug zur britischen Halbinsel, nein. Er musste hier etwas erledigen... etwas Dringendes erledigen. Ja, man könnte sagen, er hatte einen Auftrag - der dem jungen Italiener ganz und gar nicht gefiel. Sein Auftrag bestand darin, die Tochter des Zaubereiministers... seine Verlobte – oh, wie er dieses Wort doch hasste! – dazu zu bringen, ihn zu heiraten. Und zwar in sechs Monaten. Das Beste an dem Ganzen war ja, dass sie bislang noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung hatte, was ihr demnächst blühen und er der Überbringer der höchsterfreulichen Nachricht sein würde.
Manchmal stand Gianluca wahrlich ganz kurz davor, seine Entscheidung, auf das Angebot des Zaubereiministers eingegangen zu sein, zu bereuen – doch wer erfolgreich sein will, muss leiden.

Da die Schutzzauber jener schäbigen Zaubererschule, die er aufzusuchen gedachte, es verhinderten, durch Apparieren zum Schulgelände zu gelangen, würde er seinen Weg in Animagigestalt fortsetzen müssen.
Gianluca seufzte einmal leise und genoss ein letztes Mal das Bisschen Freiheit, das ihm verblieben war – und er in den kommenden Monaten und womöglich sogar Jahren vermissen würde. Dann nahm er seine Animagigestalt an und machte sich als Falke auf dem Weg nach Hogwarts.

Gianluca de' Medici | Rose Sinclair | Estella de' Medici | Cináed MacLochlann | Dorcas Meadowes

Endlich kam das Schloss in Sicht – Gianlucas Meinung nach war es sogar noch morbider und unansehnlicher als es ihm beschrieben worden war. Wie konnte man sich nur freiwillig in solch eine Ruine begeben, die quasi mit Leibeskräften nach einer Renovierung oder – besser noch – einem vollkommenen Abriss schrie?
Der Italiener wusste alte Gebäude durchaus zu schätzen, aber so etwas war einfach nur geschmacklos. Dennoch würde auch er sich hinein begeben müssen, was ihm das Gebäude nur noch unfreundlicher machte. Denn was ihn darin erwarten würde, war garantiert kein Grund zur Freude.

Langsam setzte der Falke zum Sinkflug an, flog über einen dunklen See hinweg, überquerte einen weitläufigen Platz, der wohl als Schulhof diente, ehe er durch das offenstehende Eingangsportal flog und sich wieder zurück in einen Menschen wandelte.
Die verwunderten Blicke ringsum ignorierend und zugleich heimlich genießend, strich Gianluca kurz über seinen Anzug und betrat dann mit einem überheblichen Grinsen den Raum, aus dem der größte Lärm drang. Das war bei eher dürftiger Orientierung meist das Beste, das man tun konnte.

Der Italiener fand sich in einer Art Essenssaal wieder – unzählige, vollbesetzte Tische, zwischen denen sich Gänge schlängelten, die in den Menschenmassen beinah zu verschwinden drohten.
Gianluca rümpfte angewidert die Nase. Unter den Essensgeruch mischte sich auch der unverwechselbare Geruch von zu vielen Menschen an einem Ort.
Sein Blick schweifte weiter durch den Raum, über bunt gekleidete Schüler, schwebende Kerzen, ein goldenes Rednerpult – und einen leicht erhöhten, langen Tisch ganz vorne im Raum. Dort blieb sein Blick an einer Person hängen. An einer ganz bestimmten Person.
Gianlucas überhebliches Grinsen vertiefte sich und er durchmaß den Raum über den Mittelgang, wo er vermutlich die größte Aufmerksamkeit auf sich lenkte – was dem Italiener aber nur recht war.
Während er sich nach vorne begab, zog er einen mit Papier umwickelten Blumenstrauß hinter seinem Rücken hervor und erklomm ein paar wenige Treppenstufen, bis er direkt vor seiner Verlobten innehielt.
„Mia Carissima“, begann Gianluca mit einem süffisanten Lächeln, ehe er achtlos den Bouquet auf den Holztisch fallen ließ. Es waren weiße Lilien.
„Hast du mich vermisst?“

Da der Chara umbenannt wurde werden die Chronicles ins Archiv verschoben.